Auf zwei Planeten by Kurd Laßwitz

Auf zwei Planeten by Kurd Laßwitz

Author:Kurd Laßwitz [Laßwitz, Kurd]
Language: deu
Format: epub
ISBN: 9783954182688
Published: 2013-10-21T16:00:00+00:00


31. Kapitel – Mars-Politiker

Die Entleerung des Theaters geschah trotz der ungeheueren Zuschauermenge in wenigen Minuten, denn zahlreiche breite Gänge führten nach allen Seiten auseinander und mündeten nach der Straße hin. Man hörte überall unter dem Eindruck der Vorstellung verächtlich über die Menschen sprechen, doch hatte die übertriebene Darstellung der Menschen als Wilde das Gute, daß niemand auf die Vermutung kam, in Isma und Saltner solche Erdbewohner vor sich zu haben, obwohl Saltner in seiner Joppe, die Hände in den Taschen, in recht auffallender Weise einherschlenderte und den prüfenden Blicken, die ihn gelegentlich trafen, ungeniert begegnete. Aber da jetzt alle in gleicher Richtung sich bewegten und noch von den Eindrücken erfüllt waren, die sie eben erhalten hatten, so achtete man wenig auf ihn.

Erst als sich Fru mit seiner Begleitung in dem Vorraum der Lesehalle zwischen dichten Gruppen sich lebhaft unterhaltender Martier hindurchdrängen mußte, wurde man wieder auf ihn aufmerksam. Hier begegneten sich Besucher des Theaters und solche, die aus der Lesehalle kamen und sich soeben mit den neuesten Nachrichten bekanntgemacht hatten. Es herrschte eine sichtliche Erregung. Verkäufer riefen die neuen Blätter aus für diejenigen, die sich das in der Halle Gelesene in eigenen Exemplaren mit nach Hause nehmen wollten.

»Der Bericht des Zentralrats!« – »Die Rede des Repräsentanten Ill!«

»Die Rede des Deputierten Eu!« – »Der Antrag Ben.«

»Karte der Erde!« – »Leben und Tod des Kapitäns All.«

»Der Sohn des Numen auf der Erde.« – »Bild des Baten Saltner!« – »Bildnis der Batin Torm.«

Isma und Saltner verstanden das in eigentümlichem Tonfall herausgestoßene Martisch der Ausrufer nicht. Fru und La suchten schnell mit ihren Begleitern aus dem Gewühl in die Lesehalle zu gelangen. Aber Saltner erkannte in der Hand eines Verkäufers sein wohlgetroffenes Bildnis.

»Was?« rief er. »Da werd ich wohl gar feilgehalten. Das ist mir doch noch nicht passiert, das muß ich mir mitnehmen.«

Die um den Verkäufer Herumstehenden hatten ihn nun natürlich sogleich erkannt. Bald war die Gruppe von Neugierigen umringt, und es fielen manche nicht sehr schmeichelhafte Äußerungen.

Saltner nahm sein Bild in Empfang und zahlte. Man hatte ihm als Gast der Regierung einen anständigen Reisefonds übermittelt.

»Da schaut mich an«, sagte er, sich in Positur stellend, »wenn Ihr noch keinen anständigen Bat gesehen habt.« Und auf martisch fügte er hinzu: »Nun, seh ich aus wie ein Engländer?«

La drängte ihn vorwärts. Sie führte Isma am Arm, die ihren Schleier vorgezogen hatte und ihrer martischen Tracht wegen nicht auffiel. Die Nahestehenden blickten Saltner nicht gerade wohlwollend an, belästigten ihn aber in keiner Weise und folgten ihm auch nicht, als er sich durch sie hindurchdrängte, obwohl ihm jetzt jeder nachsah. So gelangten alle in das Innere der Lesehalle, die aus einer Reihe großer Säle bestand.

Die langen Tafeln waren dicht besetzt. Viele der Lesenden benutzten diese Zeit, um ihrer offiziellen Lesepflicht zu genügen. Denn jeder Martier war verpflichtet, bei Verlust seines Wahlrechts, aus zwei Blättern, von denen eines ein oppositionelles sein mußte, täglich über die wichtigsten politischen und technischen Neuigkeiten sich zu unterrichten. Die größeren Blätter gaben zu diesem Zweck kurze Auszüge besonders heraus.

Im Saal herrschte absolute Stille. Hier wurde nicht gesprochen.



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