Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) by Döblin Alfred

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) by Döblin Alfred

Author:Döblin, Alfred [Döblin, Alfred]
Language: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783104000206
Publisher: S.Fischer Verlage
Published: 2009-10-04T22:00:00+00:00


Dritte Eroberung Berlins

So ist zum drittenmal Franz Biberkopf nach Berlin gekommen. Das erstemal wollten die Dächer abrutschen, die Juden kamen, er wurde gerettet. Das zweitemal betrog ihn Lüders, er soff sich durch. Jetzt, das drittemal, der Arm ist ihm ab, aber er wagt sich kühn in die Stadt. Mut hat der Mann, doppelten und dreifachen Mut.

Herbert und Eva haben ihm ein schönes Gelddepot hinterlassen, der Kneipwirt unten bewahrt es auf. Aber Franz nimmt nur ein paar Pfennig, dazu beschließt er: von dem Geld will ich nichts nehmen, ich muß mir selbständig machen. Er geht auf die »Wohlfahrt« und verlangt Unterstützung. »Da müssen wir erst recherchieren.« »Und was mach ich inzwischen?« »Kommen Sie in ein paar Tagen wieder.« »In ein paar Tagen kann einer verhungert sein.« »So rasch verhungert keiner in Berlin, damit kommen sie alle. Gibt außerdem kein Geld, bloß Marken, und die Miete bezahlen wir von hier, und die Wohnung stimmt doch?«

Da geht Franz wieder runter von der »Wohlfahrt«, und wie er unten ist, fallen ihm die Schuppen von den Augen: recherchieren, sag mal, recherchieren, die werden vielleicht auch nach meinem Arm recherchieren und wie das gekommen ist. Er steht vor einem Zigarrenladen und grübelt: die werden fragen, was mit meinem Arm ist, wer bezahlt hat und wo ich gelegen habe. Das können die fragen. Und dann, wovon ich die letzten Monate gelebt habe. Warte mal.

Er grübelt und zieht weiter: was macht man da? Wen soll ich jetzt fragen, wie soll ich das jetzt machen, und von die ihrem Geld will ich auch nich leben.

Da sucht er zwei Tage zwischen Alex und Rosenthaler Platz herum nach Meck, mit dem könnt er sprechen; und am zweiten Abend findet er ihn auch am Rosenthaler Platz. Sie kucken sich an. Franz will ihm die Hand schütteln – wie haben sie sich damals nach der Lüdersgeschichte begrüßt, die Freude, und jetzt – Meck gibt ihm zögernd die Hand, drückt nicht. Franz will wieder anfangen mit der linken Hand zu schütteln, da macht der kleine Meck so ein ernsthaftes Gesicht; was hat der Junge, hab ich dem was getan? Und sie gehen die Münzstraße rauf und gehen und gehen, und wieder zurück die Rosenthaler Straße, und Franz wartet immer, ob Meck nicht nach dem Arm fragen wird. Aber nicht mal danach fragt er, der sieht immer beiseite. Vielleicht seh ich dem zu dreckig aus. Da fängt Franz lustig an und fragt nach der Cilly, was die macht.

Ach, der gehts gut, wie solls der nicht gut gehen, und Meck erzählt lang und breit von der. Franz strengt sich an, zu lachen. Und noch immer fragt der nicht nach dem Arm, und da leuchtet es plötzlich in Franz, und er fragt: »Du verkehrst wohl noch in die Kneipe da in der Prenzlauer?« Macht Meck geringschätzig: »Ja, manchmal.« Da weiß Franz und geht langsam und bleibt hinter Meck zurück: dem hat Pums was erzählt von mir oder Reinhold oder Schreiber, und der hält mich auch für einen Einbrecher. Und wenn ich jetzt sprechen wollte, müßte ich ihm alles erzählen, aber da kann er lange warten, das tu ich nicht.



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