Mortlock by Jon Mayhew

Mortlock by Jon Mayhew

Author:Jon Mayhew [Mayhew, Jon]
Language: deu
Format: epub, mobi
ISBN: 9781408810729
Publisher: Bloomsbury UK
Published: 2010-06-06T22:00:00+00:00


»Und wessen Blut ist dies«, spricht er,

»Hier in meinem Saal?«

»Das Herzblut deines Söhnchens ist’s,

Das klarste ist’s zumal.«

Lamkin, altes Volkslied

17. KAPITEL

Die Lieferung

Am nächsten Morgen wurde Josie von Geflatter und Gescharre an ihrem Fenster geweckt. Sie schlüpfte in einen Morgenmantel, kletterte über das Bett und zog die Vorhänge auf. Ihr ganzer Körper schmerzte immer noch, und sie biss die Zähne zusammen, um nicht laut aufzustöhnen.

Als sie hinausblickte, sah sie unten auf der Zufahrt einen breiten, kräftigen Mann, der eine Schubkarre mit einem großen Sack darauf zum Haus rollte. Krähen und Raben umkreisten ihn so wild, dass die Schubkarre ins Wanken geriet, weil der Mann versuchte, die aufgeregten Vögel mit seinen Händen zu verscheuchen. Eilig lief Josie zur Tür, denn sie wollte herausfinden, was da los war. Sie schlüpfte hinaus in den dunklen Flur. Von unten klangen die Stimmen der Tanten herauf, und sie klangen genauso aufgeregt wie das Gekrächze der Vögel.

Josie schlich an den Spinnweben und verdorrten Pflanzen vorbei zur Treppe, duckte sich hinter das Geländer und spähte hinunter in die Eingangshalle, in der hektische Betriebsamkeit ausgebrochen war.

Anscheinend hatten die Tanten die Tür bereits geöffnet, bevor der Lieferant die Klingel betätigen konnte, und scharten sich aufgeregt um ihn. Der Sack lag jetzt auf den breiten Schultern des Mannes und bebte bei jeder Bewegung. Die Tanten streckten die Hände aus und strichen über den groben Stoff. Der Mann versuchte nervös, die drei im Auge zu behalten, während sie um ihn herumflatterten.

»Sie sind heute aber früh dran, Mr Carr«, krähte Tante Veronica und hüpfte von einem Fuß auf den anderen. Tante Jay schnupperte verzückt an dem Sack.

Josie stieg ein widerlicher Geruch nach angegammeltem Fleisch in die Nase. Was mochte nur in dem Sack sein? Sie hatte die Tanten noch nie so beschwingt erlebt.

»Bringen Sie ihn hier hinein, junger Mann«, krächzte Tante Mag und klatschte in die Hände. »Und legen Sie ihn auf den Tisch.«

»Um den Rest kümmern wir uns dann schon!«, keckerte Tante Veronica.

Kreischend und kichernd verschwand das Grüppchen in einen Nebenraum. Josie schlich vorsichtig die Treppe hinunter, bis sie in der dunkel getäfelten Halle ankam.

Auch hier standen verstaubte Pflanzen herum, außerdem gab es einen Schirmständer, und neben der Tür hing ein Essensgong. Ein riesiges Tigerfell lag auf den schwarz-weißen Fliesen und starrte sie feindselig an. Die Haustür stand offen, festgehalten von der Schubkarre des Mannes, und ließ die kalte Morgenluft herein. Josie überlegte kurz, ob sie die Gelegenheit nutzen und verschwinden sollte; die Leute im Dorf würden ihr sicher helfen. Doch sie konnte Alfie nicht alleinlassen. Was würden die Tanten wohl mit ihm machen, wenn sie entdeckten, dass sie entkommen war? Josie erschauerte.

Der Lieferant kam mit angewiderter Miene aus dem Nebenraum. Im Gehen warf er Josie einen kurzen Blick zu und tippte sich an die Mütze. Dann blieb er plötzlich stehen und musterte sie mit seinen durchdringenden blauen Augen.

»Zu Besuch hier, Miss?« Wie sanft seine Stimme klang, nach dem misstönenden Gekecker der Tanten. »Sie passen irgendwie nicht hierher, wenn ich das sagen darf.«

»J-ja«, erwiderte Josie und trat einen Schritt vor. Kann ich ihm vertrauen?, fragte sie sich.



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