Tod Eines Kritikers by Martin Walser

Tod Eines Kritikers by Martin Walser

Author:Martin Walser [Walser, Martin]
Language: deu
Format: epub
ISBN: 9783499252266
Publisher: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH
Published: 2009-06-01T22:00:00+00:00


Ehrl-König habe immer ein Repertoire von zwölf bis fünfzehn Sätzen gehabt, pointierten Sätzen. Dazu noch fünfzehn bis achtzehn Zitate. Die pointierten Sätze, die wirken mußten, wie aus dem Augenblick entstanden, wie aktuelle Einfälle, die verbrauchten sich natürlich schnell, weil EhrlKönig praktisch von einem Auftritt zum nächsten hastete. Mehr als fünfmal durfte er so einen Standardsatz nicht bringen, er aber konnte von einem Satz, solange der Lacher brachte, nicht lassen. Er meckerte anfangs an jedem Satz herum, wenn der Satz Lacher brachte, liebte er ihn und – das war das Erstaunlichste – glaubte, dieser Satz sei von ihm, sei ein Ehrl-König-Satz. Er hatte zwar ein triviales Vorurteil gegen die Psychoanalyse, ich habe ihm beigebracht, was daraus zu machen ist. Er hatte zu sagen: Psychoanalyse! Um Literatur zu verstehen! Lächerlich. Beispiel: Kafkas Parabel Vor dem Gesetz. Eine Parabel, die um so wirkungsreicher ist, je weniger man sie ins sogenannte Verständliche übersetzt. Und Ehrl-König, ließ sich in der Talkshow fragen, was er von der Psychoanalyse halte: Quatsch! Rief er. Bitte, Kafkas Parabel Vor dem Gesetz, wo der immer vor der Tür steht! Er kniet nicht davor, er steht! Und wovor er steht, das ist das weibliche Genital, das sieht doch ein Blinder. Und der immer davorstehende Türhüter ist spitznasig und im Pelz, also wer dazu Psychoanalyse braucht, dem ist nicht mehr zu helfen.



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