Roth, Philip by Nemesis

Roth, Philip by Nemesis

Author:Nemesis [Nemesis]
Language: deu
Format: epub


Er verbrachte den Nachmittag am Badeplatz und sah zu, wie die Betreuer - siebzehnjährige Highschool-Schüler, die für die Einberufung noch nicht alt genug waren - mit den Jungen und Mädchen Schwimmen übten. Damit war er durch den Kurs für Schwimmen und Turmspringen, den er am Panzer College belegt hatte, gründlich vertraut. Es sah so aus, als hätte er ein gut geführtes Programm übernommen, und die Örtlichkeit erschien ihm perfekt: Alles hier wirkte sehr gepflegt, der Uferweg, die Stege und die Sprungtürme waren in ausgezeichnetem Zustand, und das Wasser war kristallklar. Ringsum ragten am Ufer des Sees steile, bewaldete Hügel auf. Die Hütten des Camps standen am Hang, die der Mädchen auf der einen Seite des Speisepavillons, die der Jungen auf der anderen. Einige hundert Meter vom Ufer entfernt befand sich eine bewaldete Insel, die wie ein langer Finger auf den Badeplatz zeigte; die schlanken Bäume, die dort wuchsen, sahen aus, als wäre ihre Rinde weiß. Dies war wohl die Insel, wo sie, wie Marcia gesagt hatte, ungestört sein würden.

Sie hatte ihm bei der Sekretärin in Mr. Blombacks Büro eine Nachricht hinterlassen. »Ich konnte meinen Augen kaum trauen, meinen zukünftigen Mann zu sehen. Ich habe bis um halb zehn Dienst. Wir treffen uns am Pavillon. Wie die Mädchen sagen: >Du bist so süß!< M.«

Als die letzten Schwimmstunden beendet und die Jungen in ihre Hütten zurückgekehrt waren, um sich vor dem Abendessen und dem anschließenden Film umzuziehen, blieb Bucky allein am Seeufer zurück, beglückt von diesen ersten Stunden, die er mit unbekümmerten, wunderbar quirligen Kindern verbracht hatte. Er war die ganze Zeit im Wasser gewesen, hatte die Betreuer kennengelernt und mit den Jungen an ihrer Schwimm- und Atemtechnik, ihren Startsprüngen und Rollwenden gearbeitet, und so hatte er keine Gelegenheit gehabt, auf den Turm zu steigen und zu springen. Doch den ganzen Nachmittag über hatte er daran gedacht, als wäre er erst dann wirklich hier angekommen, wenn er seinen ersten Sprung gemacht hatte.

Er ging auf dem schmalen Steg zum Sprungturm, nahm die Brille ab und legte sie an den Fuß der Leiter. Dann kletterte er halb blind hinauf. Er fand den Weg zum Sprungbrett, doch sonst konnte er nicht viel erkennen. Die Hügel, der Wald, die weiße Insel, ja selbst der See waren verschwunden. Er stand allein auf dem Brett über dem See und konnte kaum etwas sehen. Die Luft war warm, sein Körper war warm, und er hörte nur das gelegentliche entfernte Klirren von Hufeisen, mit denen ein paar Jungen nach einem eisernen Pfahl warfen, und das Ploppen der Bälle auf dem Tennisplatz. Wenn er einatmete, war nichts von Secaucus, New Jersey, zu riechen. Er füllte seine Lungen mit der harmlosen frischen Luft der Poconos. Dann lief er die drei Schritte bis zum Ende des Bretts, hob ab und machte, jeden Zentimeter seines Körpers unter Kontrolle, einen perfekten Hechtsprung in das Wasser, das er erst im letzten Augenblick sah, bevor seine Arme die Oberfläche durchstießen und er in die kalte Reinheit des Sees eintauchte.



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