Quickies 32 by Unknown

Author:Unknown
Language: deu, eng
Format: epub
Published: 2011-09-04T22:00:00+00:00

Die Zikaden

Carrie Williams

Sie fuhren durch die enge Schlucht, über unbefestigte Passstraßen, die steil in das sonnenflirrende Tal abfielen. Ein kleiner Fahrfehler, und sie konnten ihr Testament machen. Sie blickte alle paar Minuten heimlich zu ihrem Mann. Ihr Angetrauter, dachte sie lächelnd, komisch, ihr kam es bisweilen vor, als lebte sie einen Traum. Ein Traum, der inzwischen fünfzehn Jahre dauerte. Und jetzt reisten sie in ihre zweiten Flitterwochen. Wieso hinterließ das Wort »Ehemann« nach all den Jahren immer noch einen schalen Nachgeschmack in ihrem Mund?

Sie hatte keine Angst, ihre verstohlenen Blicke bewiesen ihr, dass alles okay war und er den kleinen roten Sportflitzer unter Kontrolle hatte. Er war ein besonnener Fahrer. In der Tat war das eine Eigenschaft, die ihr spontan an ihm gefallen hatte: seine ruhige, umsichtige Art. Er hatte die Hände locker und trotzdem fest am Lenkrad. Wenn er sie früher von ihren Kneipenzügen nach Hause brachte, hatten seine Fahrkünste sie schwer beeindruckt und irgendwie angemacht. Unterwegs hielt er dann irgendwo an – an einsamen Landstraßen oder auf Feldwegen – und lehnte sich über den Beifahrersitz, schob ihr den Minirock über die Hüften, riss ihr das Höschen mit dem gleichen Selbstverständnis herunter, das er am Steuer dokumentierte, und befummelte sie in der Dunkelheit. Kurz vor ihrem Höhepunkt hatte er die Lehne ihres Sitzes heruntergedreht und war auf sie geklettert. Dann hatte er seinen harten Schwanz in sie geschoben und sie gefickt, dass das Auto in ihrem wilden Rhythmus mitschaukelte.

Sie schaute aus dem Seitenfenster, ließ melancholisch den Blick über die schroffen Berge und grünen Täler der Provence gleiten. Sie vermisste diese Zeit so sehr, dass sie alles getan hätte, um dieses geile Gefühl noch einmal einzufangen, und wäre es nur für einen kurzen Moment. Aber das lag Jahre zurück – sinnlich schöne Nostalgie, seufzte sie stumm, die Zeit ließ sich nun mal nicht zurückdrehen. Jahre mit unsinnigen Streitereien und Szenen, Zurückweisungen, bitteren Anschuldigungen und Eifersuchtsdramen. Sex war nicht mehr unkompliziert und spontan, sondern ein Druckmittel, eine Waffe im täglichen Ehekampf.

Und jetzt dieser zweite Honeymoon, überlegte sie, während die Kids bei ihrer Großmutter waren, zu lange vor dem Fernseher hockten und alles in sich hineinstopften, was zu Hause verpönt war. Sie würde Wochen brauchen, bis sie das wieder abgestellt hatte. Sie blickte abermals zu Nick und löste dabei die Spange in ihrem Pferdeschwanz, woraufhin ihre Haare mit dem Ruckeln des Wagens mitschwangen. Sie kitzelten ihre nackten Schultern in dem Halterneck-Top, und sie fühlte sich ein bisschen entspannter: Sie verdrängte die Kids, die Chips und sonstiges Junkfood und konzentrierte sich auf Nick. Die Auszeit von dem Stress zuhause und seiner anstrengenden Karriere war längst überfällig; sie brauchten beide eine Pause von der täglichen Routine, der Sorge und der Verantwortung für andere. Eine Chance, um wieder zueinanderzufinden.

Der Wagen rollte langsam durch eines der malerischen, in den Bergen versteckten Dörfern. Er drehte den Kopf zu ihr und fing ihren Blick auf.

»Was?«, fragte sie milde verdutzt. Was wollte er von ihr? War irgendwas?

Sie schüttelte den Kopf, und er heftete den Blick wieder auf die Straße, runzelte die Stirn angesichts der vielen kleinen Gassen.

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