Das Totenschiff by B. Traven

Das Totenschiff by B. Traven

Author:B. Traven [Traven, B.]
Language: deu
Format: epub, mobi
Published: 2012-03-03T23:00:00+00:00


28.

Einschlafen konnte ich nicht. Ich lag auf den blanken Brettern meiner Bunk wie ein eingelieferter Spitzbube auf der nackten Pritsche in einer Polizeiwache. Die schmökende Petroleumlampe füllte den Raum mit einem Dunst, daß Atmen eine Qual wurde. Da ich ja keine Decke hatte, fröstelte ich, denn die Nächte auf dem Meere können ganz verteufelt kalt werden. Gerade war ich in einen dämmernden Halbschlaf gefallen, als ich plötzlich mit kräftigen und ungeduldigen Händen so gerüttelt und gestoßen wurde, als sollte ich durch die Wand geworfen werden.

»’raus du. Ist halb elf.«

»Halb erst? Warum kommst du nicht um dreiviertel?«

»Ich bin gerade oben, weil ich für den Heizer Trinkwasser hole. Ich kann nicht noch mal ’raufkommen. Mußt ’raus. Zehn vor zwölf weckst du deinen Heizer und holst ihm Kaffee.«

»Kenn’ ihn nicht. Weiß seine Bunk nicht.«

»Komm ’raus. Ich zeig’ dir.«

Ich stand auf, und mir wurde die Bunk des Heizers gezeigt, der zu meiner Wache gehörte.

»Mach voran. Rasch. Geh gleich zu der Aschenwintsche. Wir haben verflucht viel Asche.« Der Mann verschwand wie ein Geist. Es war fast finster in dem Quartier, weil die Lampe kein Licht gab.

Beim Licht einer zerbrochenen kleinen verräucherten Laterne zeigte mir der Kohlenzieher der Vorwache, es war Stanislaw, wie die Wintsche gehandhabt werden muß.

»Höre mal, Stanislaw, das verstehe ich nicht«, sagte ich. »Ich kenne doch nun auch etwas von Salzkrusten, aber das habe ich noch nicht erlebt, daß die Kohlschlepper Wache aufzubüßen haben. Warum?«

»Weiß ich gut. Ich bin auch nicht gerade aus den Windeln gerutscht. Woanders hat der Heizer beim Aschehieven zu helfen. Aber hier wird ja der Heizer allein nicht fertig, und wenn ihm der Schlepp nicht manchmal hilft, fällt er ’runter auf hundertzwanzig, daß es nur so rasselt, und der Eimer sackt und steht wie eine Böckchenpinne. Auf andern Eierkisten, auch wenn es Särge sind, hat die Wache zwei Heizer oder wenigstens ein und einen halben.

Aber ich denke doch, du weißt jetzt schon, wo du bist, mein Seemannsengelchen.«

»Ich engele nicht. Da kannst du Zinnober drauf schlucken.«

»Willst du achtern kanten? Glückt nicht. Wirst du schon noch lernen. Setz dich nur lieber gleich richtig in die Wolle und such dir das Boot aus, mit dem du klippen willst. Der Koch hier ist der Großvater. Der erzählt dir was, wenn du mit ihm angewärmt bist. Der Hund hat zwei Westen in seiner Bunk liegen.«

»Haben wir denn keine Westen?« fragte ich erstaunt.

»Nicht mal ein Ring ist da. Vier Dekorationsringe mit Goldbronze. Aber ich rate dir, nimm keinen davon. Wenn du da den Kopf durchsteckst, nimm lieber einen Mühlstein. Mit dem Mühlstein hast du vielleicht noch Hoffnung, mit den Dekorationswürsten nicht.«

»Wie kann der Hund denn das machen? Da muß doch in jeder Bunk eine Weste sein. Ich bin das so gewöhnt, daß ich das gar nicht beachtet habe, daß keine da ist.«

Stanislaw lachte und sagte: »Du hast so eine Kanne noch nicht gefahren. Darum. ›Yorikke‹ ist meine vierte Leichenkanne. Die sind ja jetzt zum Aussuchen.«

»He-ho, Lawski!« schrie sein Heizer den Aschenschacht hinauf.

»Was ist los, Heizer?« fragte Stanislaw ’runter.

»Zieht ihr denn heute keine Asche, oder was ist los?« blökte der Heizer ’rauf.



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