Lean In: Frauen und der Wille zum Erfolg (German Edition) by Sandberg Sheryl

Lean In: Frauen und der Wille zum Erfolg (German Edition) by Sandberg Sheryl

Author:Sandberg, Sheryl [Sandberg, Sheryl]
Language: deu
Format: epub
Publisher: Ullstein eBooks
Published: 2013-03-29T23:00:00+00:00


Der Mythos, alles haben zu können

»Alles haben«. Die vielleicht größte Falle für Frauen verbirgt sich in dieser Phrase. Diese beiden Wörter tauchen ständig in Reden, Überschriften und Artikeln auf und werden als erstrebenswert dargestellt. Doch in Wirklichkeit führen sie dazu, dass wir uns alle unzulänglich fühlen. Nie ist mir eine Frau, oder auch ein Mann, begegnet, die (oder der) voller Inbrunst erklärt hätte: »Ja, ich habe alles.« Denn egal, was wir auch haben – und wie dankbar wir dafür sind – , alles hat niemand.

Und das geht auch gar nicht. Allein der Plan »alles haben zu wollen« entbehrt jeglicher Logik. Das sagen uns nicht nur unser gesunder Menschenverstand, sondern auch die Grundprinzipien der Ökonomie. Oder, wie Sharon Poczter, Professorin für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Cornell, erläutert: »Die antiquierte Rhetorik des ›alles haben können‹ übersieht das Grundprinzip, das jeglichem ökonomischen Verhältnis zugrunde liegt: der Gedanke von Trade-offs, also das Abwägen bei einem Zielkonflikt. Wir alle sind mit der von Beschränkungen geprägten Optimierung beschäftigt, die man als ›Leben‹ bezeichnet, und versuchen, anhand von Parametern wie Karriere, Kindern, Beziehungen und so weiter unseren Nutzen zu maximieren. Dabei geben wir unser Bestes, um die Ressource Zeit zu verteilen. Aufgrund der Knappheit dieser Ressource kann kein Mensch ›alles haben‹, und diejenigen, die behaupten, alles zu haben, lügen mit größter Wahrscheinlichkeit.«1

»Alles haben zu können« sollte man am besten als Mythos ansehen. Und wie in vielen Mythen ist auch hier eine hilfreiche Warnung enthalten. Denken Sie an Ikarus, der mit seinen menschengemachten Flügeln in große Höhe flog. Sein Vater warnte ihn davor, der Sonne zu nahe zu kommen, doch Ikarus ignorierte den Rat. Er flog noch höher, seine Flügel schmolzen, und er stürzte zu Boden. Sowohl ein Berufs- als auch ein Familienleben zu haben ist ein ambitioniertes und machbares Ziel, jedenfalls bis zu einem gewissen Punkt. Von Ikarus sollten Frauen lernen, sich den Himmel als Ziel zu setzen, doch dabei nicht vergessen, dass wir es alle mit sehr irdischen Grenzen zu tun haben.

Statt über die Frage »Können wir alles haben?« nachzugrübeln, sollten wir uns pragmatischer fragen: »Können wir alles tun?« Und auch hier lautet die Antwort: Nein. Jede von uns muss permanent abwägen zwischen Arbeit und Familie, Sport und Erholung, Zeit für andere und Zeit für sich selbst. Kinder zu haben bedeutet, sich jeden Tag anzupassen, Kompromisse einzugehen und Opfer zu bringen. Für die meisten Menschen sind diese Opfer und Schwierigkeiten nichts, was sie frei wählen – sie sind unvermeidbar. In den Vereinigten Staaten sind in ungefähr 65 Prozent der Familien, die aus verheirateten Eltern mit Kindern bestehen, beide Elternteile berufstätig, wobei fast alle dieser Haushalte auch auf beide Einkommen angewiesen sind.2 Für Alleinerziehende ist es oft noch schwieriger, gleichzeitig einem Beruf nachzugehen. Ungefähr 30 Prozent der Familien mit Kindern in den Vereinigten Staaten bestehen aus nur einem Elternteil, in 85 Prozent dieser Fälle ist das die Mutter.3 In Deutschland leben ungefähr 15 Prozent aller Kinder mit einem Elternteil, üblicherweise ist es auch hier die Mutter.4

Außer Haus arbeitende Mütter werden mit diesen Herausforderungen auf Schritt und Tritt konfrontiert.



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