Junger, Sebastian by War

Junger, Sebastian by War

Author:War [War]
Language: deu
Format: epub
Published: 2010-11-18T06:19:59.157000+00:00


»Wenn das geschieht, werden sie uns verfehlen, also stell nur fest, woher sie gekommen sind, und mach sie fertig, alles klar?«

»Roger.«

Ich konzentriere mich darauf, meine Kamera zu bedienen. So kann ich am besten vermeiden, über die Tatsache nachzudenken, dass mich umbringen könnte, was ich zu filmen vorhabe.

»Also gut, du bleibst da drinnen«, sagt Captain Thyng zu dem Schützen. »Wir werden gleich da um die Kurve fahren -« Und weiter kommt er nicht.

Die Vorstellung, dass es Regeln für die Kriegsführung gebe und dass die Kombattanten einander gemäß grundsätzlicher Prinzipien der Fairness töteten, verlor ihre Geltung wahrscheinlich ein für allemal mit dem Einsatz des Maschinengewehrs. Ein Mann mit einem Maschinengewehr kann möglicherweise ein ganzes Battalion aufhalten, zumindest für eine Weile, und dadurch verliert die persönliche Tapferkeit im Kampf Mann gegen Mann ihre Bedeutung. Im Ersten Weltkrieg, als automatische Waffen verbreitet zum Einsatz kamen, wurden die Schützen schwerer Maschinengewehre, wenn ihre Stellung überrannt worden war, routinemäßig exekutiert, weil sie für eine so große Anzahl von Toten verantwortlich waren. (Reguläre Infanteristen, die man als »faire Kämpfer« ansah, wurden oft verschont.) Maschinengewehre zwangen die Infanterie, sich zu verteilen, zu tarnen und in kleinen unabhängigen Einheiten zu kämpfen. Seitdem galt Deckung mehr als Haltung und Loyalität zur Einheit mehr als blinder Gehorsam im Allgemeinen.

In einem Krieg dieser Art wenden sich die Soldaten dem zu, was am besten funktioniert und gleichzeitig das geringste Risiko birgt. Hier hört der bewaffnete Kampf auf, nur ein großes Schachspiel zwischen Generälen zu sein, und wird eine kompromisslose Übung in reinem Töten. Daraus folgt, dass ein Großteil moderner Militärtaktik darauf abzielt, den Feind in eine Position zu manövrieren, in der er aus sicherer Entfernung niederzumachen ist. Das klingt nur unehrenhaft, wenn man die Vorstellung hegt, moderner Krieg habe mit Ehre zu tun; hat er aber nicht. Er hat nur mit Sieg zu tun, was bedeutet, dass der Feind unter möglichst ungleichen Bedingungen getötet werden muss. Alles andere würde zur Folge haben, dass man höhere Verluste unter den eigenen Männern hinnehmen müsste.

Es gibt zwei Möglichkeiten, in einem ansonsten fairen Kampf die Chancen zu manipulieren: Greife den Feind aus dem Hinterhalt und mit überwältigender Kampfkraft an oder setze Waffen ein, für die es keine Gegenwehr gibt. Natürlich ist es am besten, beides zu tun. In Restrepo hatte ich viele Albträume von Kampfhandlungen - ich denke, so ging es allen -, und sie handelten ausnahmslos davon, hilflos zu sein: Gewehre hatten Ladehemmung, der Feind war überall, und niemand wusste, was überhaupt los war, militärisch gesehen der perfekte Hinterhalt. Einmal erlebte ich, wie ein Apache-Hubschrauber einen Taliban-Kämpfer namens Hayatullah auf einem offenen Berghang stellte und tötete. Er konnte nirgends mehr hinlaufen, und beim zweiten Feuerstoß wurde er von einem 30-mm-Geschoss getroffen und explodierte. Daran war nichts Faires, aber Hayatullah war der Anführer einer Zelle, die im Tal an den Straßenrändern Bomben legte, und man konnte entgegenhalten, dass auch an der von ihm ausgeübten Tätigkeit nichts Faires war. Später fragte ich O'Byrne, ob er sich vorstellen könne, wie es sein müsse, von einem Apache ins Visier genommen zu werden.



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