Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers by Lutz Schumacher

Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers by Lutz Schumacher

Author:Lutz Schumacher
Language: deu
Format: epub
Publisher: PeP eBooks
Published: 2010-04-03T16:00:00+00:00


An einem Freitagabend im Mai war es wieder einmal soweit. Harald saß im Wohnzimmer des gemütlichen Reihenmittelhauses seiner Eltern. Die Dias waren geguckt, Vater und Mutter hatten diverse Staugeschichten zum Besten gegeben. Irgendwann reichte es Harald, und diesmal, er hatte wohl ein, zwei Bier zu viel getrunken, schimpfte er plötzlich los. »Gut, dass diese Zeiten vorbei sind!«, rief er. »Ich kann das nicht nachvollziehen, wie man sich so nach früher sehnen kann. Überlegt doch mal, wie viel sinnlose Zeit ihr auf der Autobahn vergurkt habt. Und diese grässlichen Ehepaare, die da am Straßenrand rumlungerten, die könnt ihr doch in Wirklichkeit gar nicht leiden. Würden die hier in der Straße wohnen, ihr würdet sie nicht mal grüßen!«

Seine Eltern schauten ihn betroffen an. »Wie kannst du nur so etwas sagen«, rief seine Mutter entrüstet. »Nur weil ihr heute das ganze neumodische Zeug habt, musst du dich doch nicht als was Besseres aufspielen. So was Schönes wie damals gibt es heute gar nicht mehr. Die Leute sind so kalt und gehetzt und fummeln immer nur an ihren Geräten herum.« Sie zeigte anklagend auf Haralds Multifunktionshandy. Harald merkte, wie er wütend wurde. Dennoch schob er das Handy lieber schnell aus der Sichtlinie seiner Mutter in die Hosentasche, bevor er weiterredete: »Heute vertändelt man seine Zeit eben nicht auf der Autobahn. Alles ist viel besser ausgebaut, da fährt man nicht mehr tagelang durch die Gegend. Besser, man kommt schnell an und genießt den Urlaubsort. Man kann auch fliegen. Und man hat bessere Autos. Hamburg – Gardasee vier Stunden, so muss das gehen!«

»Naja«, brummte sein Vater. »Da mach ich lieber mal eine Pause und esse den leckeren Nudelsalat von deiner Mutter.«

»Mit Frikadellen«, nickte Mutter.

Harald schüttelte sich. »Ich mache auch Pausen. Es gibt doch inzwischen an jedem Straßenschild eine erstklassige Gastronomie. Burgerbrater. Gourmettempel. Salatbars. Cafes. Kuchenbasare. Alles wunderbar. Da brauche ich keine stinkige Kühltasche...!«

Der Abend endete unterkühlt. Sein Vater brummelte, er müsse noch im Garten etwas zusammenräumen, seine Mutter gab ihm nicht den üblichen Kuss auf die Wange. Harald fuhr mit seinem Fahrrad wütend nach Hause und beschloss, beim nächsten Mal darauf zu bestehen, dass keine Dias angeschaut würden -oder wenn, dann wenigstens die von den Familienfeiern, wenngleich ihm diese Alternative auch nicht viel besser erschien.



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