Taqwacore by Michael Muhammad Knight

Taqwacore by Michael Muhammad Knight

Author:Michael Muhammad Knight [Knight, Michael Muhammad]
Language: deu
Format: epub
Published: 2012-02-29T23:00:00+00:00


Ich ging hinunter in die Küche und aus Rabeyas angrenzendem Zimmer dröhnte »Fuck Religion« von Propagandhi.

»Salam aleikum«, rief ich und goss mir dabei ein Glas Orangensaft ein.

»Wa aleikum assalam« hörte ich durch die verhängte Türöffnung.

»Hey, Yusef …Komm mal kurz her.« Ich ließ mein Glas auf der Anrichte stehen, ging rüber zum Vorhang und zog ihn vorsichtig beiseite. Aus irgendeinem Grund war ich fast erschrocken, als ich Rabeyas Zimmer dahinter erblickte. Obwohl ich natürlich wusste, dass sie schon immer dort wohnte, hatte ich bei meinen seltenen Ausflügen hinter den Vorhang keinen klaren Eindruck zurückbehalten. Die Wände waren mit Fotocollagen und Protestflyern gepflastert, an der hinteren fand sich ein Souvenir von der Amtseinführung des Präsidenten aus dem Jahr 2001: Auf einem weißen Pappschild stand mit schwarzem Filzstift geschrieben: »HEY LAURA, MY BUSH IS BETTER.« Es gab mehrere Poster von Tori Amos in einem weißen T-Shirt, auf dem stand: »Junkies Baddy Powder«, und das berühmte Bild aus dem Zweiten Weltkrieg, auf dem eine Frau in einer Arbeitsbluse und mit einem roten Kopftuch ihren Bizeps anspannt, darüber stand: »WE CAN DO IT!«

Sie bedeutete mir, auf einer ihrer Sitzgelegenheiten Platz zu nehmen, die jeweils aus vier eng aneinandergestellten Bücherstapeln bestanden. Ich wählte einen Stapel und bemerkte, dass obenauf ein Exemplar von Pickthalls Übersetzung des Heiligen Koran lag. Ich nahm es in die Hand und ordnete die anderen so, dass die Lücke ausgeglichen wurde. Trotz der ständigen Entwürdigungen, der die organisierte Religion in diesem Haus ausgesetzt war, würde Allahs Buch die Schmach erspart bleiben, unter meinem Hintern zu liegen. Ich sah mich unauffällig im Zimmer um. An den Wänden gab es noch etwas anderes: Gedichte, die mit schwarzem Edding in schludriger Punkrock-Schrift auf untereinandergeklebte Streifen Kreppband geschrieben waren. Sie fanden sich überall, wo zwischen den Postern, den Protestplakaten und Fotos noch Platz war; sogar an der Decke hatte sie welche. Diejenigen, die nah genug waren, um sie lesen zu können, erkannte ich sofort wieder, von Rabeyas Café-Lesungen und aus ihren Fanzines. Da war »Redemption Center«, in dem der Prophet Mohammed (Friede sei mit ihm) am Fluss Kauthar mit einem großen Sack voller abgetrennter Gliedmaßen darauf wartet, sie den Gläubigen zurückzugeben, die gegen das Gesetz verstoßen und sie deshalb verloren haben: sei es eine Hand, ein Fuß, ein Kopf, eine Klitoris oder was auch immer. Und da war der Klassiker »72 Schwänze«, in dem Rabeya ihre Version des Dschanna als etwas beschreibt, das an den berüchtigten Porno »The Houston 500« erinnert. Große schwarze Schwänze, die niemals schlaff werden, nicht einmal, nachdem sie ihren milchigen Honig im Kauthar verspritzt haben … reiht sie auf und spreizt meine Beine – oh, einen Moment mal, Pardon – das entspricht nicht meiner Natur. Ich meinte: Schneidet meine Schamlippen ab und gebt mir 72 Söhne, damit ich ihnen Makkaroni mit Halal-Käse kochen kann.

»Ich mag dein Zimmer«, sagte ich, öffnete den Koran und blätterte durch ein paar Seiten.

»Eine Decke und vier Wände«, antwortete sie. Dann entdeckte ich in ihrem Koran einige dicke schwarze Filzstiftstriche, mit denen ein ganzer Aya ausgestrichen war, sowohl das arabische Original als auch die englische Übersetzung von Pickthall.



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