Butterbrot by Barylli Gabriel

Butterbrot by Barylli Gabriel

Author:Barylli, Gabriel [Barylli, Gabriel]
Language: deu
Format: epub
Published: 2012-08-26T19:58:05+00:00


Stefan Kowalsky -

Auf der Bühne stand, schwarz angefärbt und mit einem goldenen Ring im Ohr - Stefan Kowalsky.

Du wirst dich jetzt sicher fragen: >Wer ist Stefan Kowalsky?< - und ich werde es dir sagen.

Stefan Kowalsky war mit mir auf derselben hohen Kunstschule gewesen, auf der ich Bühnenbild studiert hatte, um letzten Endes doch zu bemerken, daß ich mehr auf die Errichtung von individuell gestalteten Milliardärsvillen Lust hatte, als über staubige Weltbretter Leinwände zu spannen, die das Mittelmeer darstellen sollten. Ich bin im tiefsten Herzensgründe immer schon mehr dafür gewesen, tatsächlich den Sonnenuntergang mitzuerleben, als ihn durch eine rote Glasscheibe vor einem Scheinwerfer zu zitieren. Aber wie auch immer - es gab da einmal eine Studentenproduktion, bei der ich mitgearbeitet habe und in der Stefan Kowalsky die Hauptrolle gespielt hatte. Es war natürlich >Hamlet<, denn darunter macht man es nicht, wenn man im Abschlußjahrgang ist und der ganzen Welt zeigen möchte, was eine Harke ist.

In dieser Aufführung war Stefan Kowalsky die Harke, und seine Art, auf der Bühne zu leben, hätte mich fast dazu gebracht, doch lieber Zitate auf die Wirklichkeit zu entwerfen als gitarrenförmige Swimmingpools für die Spitzenreiter der Hitparaden.

In dieser Zeit hatten wir viele gemeinsame Abende in der kleinen Würstchenbude, die hinter der Hochschule lag, und ich sprach oft nächtelang mit ihm über den Sinn des Lebens, das ja - wie wir wissen - nur ein Theater ist. Und dieses Theater färbte ihm jedes einzelne Blutkörperchen röter, als echtes Blut von der Natur geplant ist.

Ich weiß nicht, ob man von der Zeit sagen kann, daß es eine Freundschaft war, weil wir alle viel zu sehr mit dem Bau der eigenen Startrampen beschäftigt waren. Aber in den Momenten, in denen der Kopf frei genug war, einen anderen Menschen wirklich zu registrieren, kann man sagen, daß wir uns sehr nahegekommen sind.

Nach meinem Wechsel ins reine Architektenfach habe ich ihn dann aus den Augen verloren und nie wiedergefunden. Wahrscheinlich war er auch nicht mehr in der Stadt gewesen, sondern er probte irgendwo in einer verborgenen Ecke seine Möglichkeiten, um dann doppelt siegessicher aus dem Wald hervorzuspringen. Egal - ich hatte ihn zehn Jahre lang nicht gesehen und mich auch nicht mehr um das Theaterleben gekümmert. Sonst hätte ich ja wohl mitbekommen, was für ein Star er in den Jahren seit unserem letzten Gespräch geworden war.

Dieser Stefan Kowalsky nun war es, den ich da auf einmal im letzten Akt auf seine Geliebte einstechen und ihr den Rest geben sah. Stefan - dem ich damals noch das Geld für ein letztes Paar Würstchen geborgt und nie wieder ein Wort darüber verloren hatte.

Er brachte sie mit einer derart verzweifelten, zerfressenen Besessenheit um die Ecke, daß ich mich fragte, wer wohl die Zweitbesetzung der Dame war, die da am Schluß des Stückes wie in ihre Bestandteile zerlegt am Boden lag und keinen Ton mehr von sich gab.

>Gott sei Dank ist er wirklich ein Profi der Verzauberung< - dachte ich erleichtert, als im Schlußapplaus des tobenden Publikums nicht nur Stefan vor den Vorhang trat, sondern auch diese



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