Adolf Hitler

Author:Kavgam [Kavgam]
Language: eng
Format: mobi
Published: 0101-01-01T00:00:00+00:00

In seinen Erinnerungen hat Speer den »Lichtdom« seine schönste Raumschöpfung genannt, und tatsächlich hinterließ die raffinierte Inszenierung den nachhaltigsten Eindruck, auch auf ausländische Beobachter. Der britische Botschafter Nevile Hendersen etwa fühlte sich ins »Innere einer Kathedrale aus Eis« versetzt.[2584] Unter Fanfarenklängen schritt Hitler, begleitet vom Reichsorganisationsleiter Robert Ley, durch den breiten Mittelgang zur »Führerbühne«. Magisch angestrahlt, wirkte sie wie ein überdimensionierter Altar, auf dem der Hohepriester der Bewegung seine Messe zelebrierte. Die Überhöhung Hitlers zur charismatischen Heilsfigur, zum erleuchteten Messias – nirgendwo wurde sie so sinnfällig wie in der Liturgie dieser nächtlichen »Weihestunde«. »Wir glauben an einen Herrgott im Himmel, der uns geschaffen hat, der uns lenkt und behütet und der Sie, mein Führer, uns gesandt, damit Sie Deutschland befreien. Das glauben wir, mein Führer!«, rief ihm Ley 1936 entgegen.[2585]

Der sechste Tag stand im Zeichen der Hitler-Jugend. Über 50000 Jungen und Mädchen versammelten sich am Vormittag in der Hauptkampfbahn des alten Stadions, um dem »Führer« zu huldigen. »Eben ist das Kommando ›Rührt euch!‹ ausgesprochen, als ein Orkan von vielen zehntausend Stimmen aufbraust. Nun dürfen sie alle mit ihrem Jubel kundtun, was sie fühlen. Es ist als ob die Luft erzittert«, hieß es im offiziellen Bericht von 1938.[2586] Drei Jahre zuvor hatte Hitler am selben Ort verkündet, wie er sich das Idealbild eines deutschen Jungen vorstellte: »flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl«.[2587] Reichsjugendführer Baldur von Schirach sprach stellvertretend das Treuegelöbnis auf den »Führer«, und nach einer kurzen Ansprache Hitlers nahm Rudolf Heß die Vereidigung der Parteianwärter vor. Die Zeremonie endete damit, dass Hitler zusammen mit Schirach und Heß die Reihen abschritt, um anschließend im offenen Wagen durch das Stadion zu fahren und die Ovationen der Tribünen entgegenzunehmen.

Am Vormittag des siebten Tages traten die Kolonnen von SA und SS im weiten Raum der Luitpoldarena zum Appell an. »Heil, meine Männer!«, begrüßte Hitler die Anwesenden. »Heil, mein Führer!«, scholl es aus über 100000 Kehlen zurück.[2588] Im Jahr 1934 war dieses Zusammentreffen eine problematische Angelegenheit, denn die »Röhm-Affäre« lag erst wenige Monate zurück. »Es gab sichtbare Bewegung im Stadion, und ich bemerkte, daß Hitlers SS-Leibwache ganz nah vor ihm Aufstellung bezog und ihn von der Masse der Braunhemden abschirmte«, hielt Shirer in seinem Tagebuch fest.[2589] In den folgenden Jahren entspannte sich das Verhältnis, und die Zeremonie in der Luitpoldarena lief, wie die übrigen auch, nach festgelegtem Ritual ab. Von Trauerklängen begleitet, schritt Hitler, hinter ihm in gebührendem Abstand SA-Stabschef Lutze und Reichsführer-SS Himmler, über die »Straße des Führers« zum Ehrenmal, wo er lange schweigend vor der »Blutfahne« verharrte – ein Bild, das wie kein anderes die einsame Sonderstellung des Charismatikers inmitten seiner in Reih und Glied angetretenen »Gefolgschaft« symbolisierte. Darauf schritt Hitler denselben Weg zurück zur Führertribüne, gefolgt von den Trägern der »Blutfahne«. Nach einer Ansprache, in der er SA und SS als »des deutschen Volkes beste politische Kampftruppe« pries,[2590] und dem gemeinsamen Singen des Deutschlandliedes weihte er die neuen Standarten der Parteiformationen, indem er sie mit der »Blutfahne« berührte. »Eine fast religiöse Feier in fester, gleichbleibender Tradition«, kommentierte Goebbels.[2591]

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