Wallenstein by Schiller

Wallenstein by Schiller

Author:Schiller
Language: deu
Format: epub
Publisher: (Privatkopie)
Published: 2011-03-20T16:00:00+00:00


Vierter Auftritt

WALLENSTEIN mit sich selbst redend.

Wärs möglich? Könnt ich nicht mehr, wie ich wollte?

Nicht mehr zurück, wie mirs beliebt? Ich müßte

Die Tat vollbringen, weil ich sie gedacht,

Nicht die Versuchung von mir wies – das Herz

Genährt mit diesem Traum, auf ungewisse

Erfüllung hin die Mittel mir gespart,

Die Wege bloß mir offen hab gehalten? –

Beim großen Gott des Himmels! Es war nicht

Mein Ernst, beschloßne Sache war es nie.

In dem Gedanken bloß gefiel ich mir;

Die Freiheit reizte mich und das Vermögen.

Wars unrecht, an dem Gaukelbilde mich

Der königlichen Hoffnung zu ergötzen?

Blieb in der Brust mir nicht der Wille frei,

Und sah ich nicht den guten Weg zur Seite,

Der mir die Rückkehr offen stets bewahrte?

Wohin denn seh ich plötzlich mich geführt?

Bahnlos liegts hinter mir, und eine Mauer

Aus meinen eignen Werten baut sich auf,

Die mir die Umkehr türmend hemmt! –

Er bleibt tiefsinnig stehen.

Strafbar erschein ich, und ich kann die Schuld,

Wie ichs versuchen mag! nicht von mir wälzen;

Denn mich verklagt der Doppelsinn des Lebens,

Und – selbst der frommen Quelle reine Tat

Wird der Verdacht, schlimmdeutend, mir vergiften.

War ich, wofür ich gelte, der Verräter,

Ich hätte mir den guten Schein gespart,

Die Hülle hätt ich dicht um mich gezogen,

Dem Unmut Stimme nie geliehn. Der Unschuld,

Des unverführten Willens mir bewußt,

Gab ich der Laune Raum, der Leidenschaft –

Kühn war das Wort, weil es die Tat nicht war.

Jetzt werden sie, was planlos ist geschehn,

Weitsehend, planvoll mir zusammenknüpfen,

Und was der Zorn, und was der frohe Mut

Mich sprechen ließ im Überfluß des Herzens,

Zu künstlichem Gewebe mir vereinen,

Und eine Klage furchtbar draus bereiten,

Dagegen ich verstummen muß. So hab ich

Mit eignem Netz verderblich mich umstrickt,

Und nur Gewalttat kann es reißend lösen.

Wiederum still stehend.

Wie anders! da des Mutes freier Trieb

Zur kühnen Tat mich zog, die rauh gebietend

Die Not jetzt, die Erhaltung von mir heischt.

Ernst ist der Anblick der Notwendigkeit.

Nicht ohne Schauder greift des Menschen Hand

In des Geschicks geheimnisvolle Urne.

In meiner Brust war meine Tat noch mein:

Einmal entlassen aus dem sichern Winkel

Des Herzens, ihrem mütterlichen Boden,

Hinausgegeben in des Lebens Fremde,

Gehört sie jenen tückschen Mächten an,

Die keines Menschen Kunst vertraulich macht.

Er macht heftige Schritte durchs Zimmer, dann bleibt er wieder sinnend stehen.

Und was ist dein Beginnen? Hast du dirs

Auch redlich selbst bekannt? Du willst die Macht,

Die ruhig, sicher thronende erschüttern,

Die in verjährt geheiligtem Besitz,

In der Gewohnheit festgegründet ruht,

Die an der Völker frommem Kinderglauben

Mit tausend zähen Wurzeln sich befestigt.

Das wird kein Kampf der Kraft sein mit der Kraft,

Den fürcht ich nicht. Mit jedem Gegner wag ichs,

Den ich kann sehen und ins Auge fassen,

Der, selbst voll Mut, auch mir den Mut entflammt.

Ein unsichtbarer Feind ists, den ich fürchte,

Der in der Menschen Brust mir widersteht,

Durch feige Furcht allein mir fürchterlich –

Nicht was lebendig, kraftvoll sich verkündigt,

Ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz

Gemeine ists, das ewig Gestrige,

Was immer war und immer wiederkehrt,

Und morgen gilt, weils heute hat gegolten!

Denn aus Gemeinem ist der Mensch gemacht,

Und die Gewohnheit nennt er seine Amme.

Weh dem, der an den würdig alten Hausrat

Ihm rührt, das teure Erbstück seiner Ahnen!

Das Jahr übt eine heiligende Kraft,

Was grau für Alter ist, das ist ihm göttlich.

Sei im Besitze und du wohnst im Recht,

Und heilig wirds die Menge dir bewahren.



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