Sehnsucht nach Leben by Margot Kaeßmann

Sehnsucht nach Leben by Margot Kaeßmann

Author:Margot Kaeßmann [Kaeßmann, Margot]
Language: deu
Format: epub
Publisher: PeP eBooks
Published: 2011-03-13T23:00:00+00:00


Sehnsucht nach einem

ENGEL

In einem Gespräch in den USA sagte mir ein Deutscher: „Stellen Sie sich mal vor, achtzig Prozent der Amerikaner glauben an Engel!“ Es klang ein bisschen abschätzig, nach dem Motto: „So ein Unfug!“ Aber auch rund jeder zweite Deutsche glaubt an die Existenz von Engeln. Im Interesse an Engeln zeigt sich meines Erachtens die Sehnsucht nach spiritueller Erfahrung des Glaubens. Die Menschen sehnen sich offenbar danach, Glauben nicht nur intellektuell zu erfassen, sondern sinnlich wahrzunehmen und zu spüren. Das ist eine Erfahrung, die in Westeuropa lange vernachlässigt wurde und zum Teil verloren gegangen ist. Gerade der christliche Glaube ist im Zuge der Aufklärung immer rationaler geworden. Nur was ich erklären kann, hat Geltung. Glaube hat aber immer auch eine irrationale Seite. Wir nehmen ihn nicht allein mit dem Kopf wahr, sondern auch mit Herzen, Mund und Händen! Die Erfahrbarkeit Gottes nährt sich vielfältig – im Pilgern und Schweigen und Meditieren genauso wie im Staunen und Fühlen und Hören.

Aber wenn wir schon die Existenz Gottes nicht beweisen können und auch nicht die Möglichkeit der Auferstehung, wie dann die Gegenwart eines Engels? Da ist Glaube schlicht Gottvertrauen.

Ich freue mich über die Wiederentdeckung der Engel! Wir sollten sie nicht der Esoterik überlassen, denn sie sind ja ein gut bezeugtes biblisches Phänomen. Schon im hebräischen Teil der Bibel werden Engel erwähnt. Etwa Schutzengel wie bei Hagar, die mit ihrem Sohn in der Wüste umherirrt: „Da erhörte Gott die Stimme des Knaben. Und der Engel Gottes rief Hagar vom Himmel her und sprach zu ihr: Was ist dir, Hagar? Fürchte dich nicht; denn Gott hat gehört die Stimme des Knaben, der dort liegt“ (1. Mose 21,17). Der Engel weist Hagar einen Weg in die Zukunft und schützt Mutter und Kind. Auch Engel als Reisebegleiter gibt es, etwa, als der Knecht losgesandt wird, um für Jakob eine Frau zu suchen: „Da sprach er zu mir: Der Herr, vor dem ich wandle, wird seinen Engel mit dir senden und Gnade zu deiner Reise geben, dass du meinem Sohn eine Frau nimmst von meiner Verwandtschaft und meines Vaters Hause“ (1. Mose 24,40). Das gilt sogar für das gesamte Volk Israel, als es aus Ägypten flieht: „Da erhob sich der Engel Gottes, der vor dem Heer Israels herzog, und stellte sich hinter sie. Und die Wolkensäule vor ihnen erhob sich und trat hinter sie“ (2. Mose 14,19). Schutzengel und Engel als Reisebegleiter, von denen heute so viel die Rede ist, haben also biblische Vorbilder.

Auch im Neuen Testament wimmelt es geradezu von Engeln. Sie kündigen Maria und Zacharias die Geburt Jesu an, sie ermutigen die Hirten, das Kind zu suchen, später erwartet ein Engel die Frauen im leeren Grab. Der Satz „Fürchte dich nicht!“ ist geradezu ihre Visitenkarte. Engel als Lebensermutigung und als Zusage der Nähe Gottes sind tief im Evangelium verwurzelt. Sie vermitteln als Boten zwischen Himmel und Erde. Warum also sollte es lächerlich oder verwerflich sein, an die Existenz von Engeln zu glauben? Biblisch ist es in jedem Fall.

Manchmal mag es sein, dass wir in einem



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