orwell,_george_-_1984 by 1984
Author:1984
Format: epub
der Praxis beherrscht keine der Mächte jemals das gesamte strittige Gebiet. Teile davon wechseln dauernd den Besitzer, und die durch einen plötzlichen verräterischen Einfall geglückte Inbesitznahme dieses oder jenes Gebietsteiles bestimmt den endlosen Wandel der Mächtegruppierung.
Sämtliche strittigen Gebiete enthalten wertvolle Mineralschätze, und manche von ihnen erzeugen wichtige pflanzliche Produkte wie Gummi, der in klimatisch kälteren Landstrichen durch verhältnismäßig kostspielige Methoden synthetisch erzeugt werden muß. Aber vor allem enthalten sie ein unerschöpfliches Reservoir billiger Arbeitskräfte. Welche Macht Äquatorial-Afrika oder die Länder des mittleren Ostens oder Südindien oder den Indonesischen Archipel beherrscht, hat damit Hunderte von Millionen schlecht
bezahlter und schwer arbeitender Kulis zu ihrer Verfügung. Die mehr oder weniger offen auf die Stellung von Sklaven herabgedrückten Bewohner dieser Gebiete gehen dauernd von dem Besitz des einen Eroberers in den des anderen über und werden ähnlich wie Kohlenbergwerke oder Ölquellen ausgebeutet, in dem Wettlauf, mehr Waffen zu produzieren, das vorhandene Gebiet zu vergrößern, über mehr Arbeitskräfte zu verfügen, und endlos so weiter. Man muß dabei im Auge behalten, daß der Kampf nie wirklich über die Randgebiete der umstrittenen Territorien hinausgeht.
Die Grenzen Eurasiens verlaufen schwankend zwischen dem Stromgebiet des Kongo und der Nordküste des Mittelmeers. Die Inseln des Indischen Ozeans werden ständig von Ozeanien oder von Ostasien erobert und zurückerobert. In der Mongolei ist die Trennungslinie zwischen Eurasien und Ostasien nie fest umrissen. Rund um den Pol erheben alle drei Mächte Anspruch auf riesige Gebiete, die faktisch weitgehend unbewohnt und unerforscht sind. Aber das politische Gleichgewicht der Kräfte bleibt stets so ziemlich das gleiche, und das Gebiet, welches das Kernland jedes Superstaates bildet, bleibt immer unangetastet. Überdies ist die Arbeitskraft der um den Äquator angesiedelten ausgebeuteten Völker für die Weltwirtschaft nicht wirklich nötig. Sie tragen nichts zum Weltgedeihen bei, denn ihre gesamte Produktion dient Kriegszwecken, und das Ziel, warum ein Krieg vom Zaun gebrochen wird, besteht unabänderlich darin, besser für den nächsten Krieg gerüstet zu sein. Durch ihre Arbeitsleistung ermöglichen die Sklavenbevölkerungen eine Intensivierung der dauernden Kriegsführung. Aber wären sie nicht vorhanden, so wäre die Struktur der Weltgesellschaftsordnung und das Verfahren, durch das sie sich erhält, nicht wesentlich anders.
Das Hauptziel der modernen Kriegführung (in Übereinstimmung mit den Prinzipien des Zwiedenkens wird dieses Ziel von den leitenden Köpfen der Inneren Partei gleichzeitig anerkannt und nicht anerkannt) besteht in dem Verbrauch der maschinellen Erzeugnisse, ohne den allgemeinen Lebensstandard zu heben. Seit Ende des neunzehnten Jahrhunderts war in der industriellen Gesellschaftsordnung das Problem immer latent, was man mit der Überproduktion von Verbrauchsgütern anfangen sollte. Gegenwärtig, da wenige
Menschen auch nur genug zu essen haben, ist dieses Problem offensichtlich nicht dringlich und wäre es vielleicht auch ohne das Einschalten von künstlichen Vernichtungsprozessen nicht geworden. Die Welt von heute ist ein armseliger, hungerleidender, jämmerlicher Aufenthaltsort, verglichen mit der Welt von vor 1914, und das gilt noch in verstärktem Maße, wenn man sie mit der imaginären Zukunft vergleicht, die die Menschen jener Zeit erwarteten. Anfangs des zwanzigsten Jahrhunderts gehörte die Vision einer zukünftigen unglaublich reichen, über Muße verfügenden, geordneten und tüchtigen Gesellschaftsordnung – einer schimmernden antiseptischen Welt aus Glas, Stahl und schneeweißem Beton – zum Vorstellungsbild nahezu jedes gebildeten Menschen.
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