Ein Toter fuehrt Regie by Horst Bosetzky & -ky

Ein Toter fuehrt Regie by Horst Bosetzky & -ky

Author:Horst Bosetzky & -ky [Bosetzky, Horst & -ky]
Language: deu
Format: epub
Publisher: Rowohlt
Published: 2011-02-04T23:00:00+00:00


9

15 Uhr 21.

Mannhardt hatte die Beine auf den Schreibtisch gelegt, gähnte und wickelte sich seine lang gewordenen Haare um den Zeigefinger. Er hatte keine Lust, zum Friseur zu gehen; immer dies dämliche Gequatsche. Und wenn man kein Trinkgeld gab, dann schnitten sie einem beim nächstenmal hinten Stufen rein… Wer gab denn ihm Trinkgeld?

Vielleicht konnte er sich ein paar Groschen nebenbei verdienen, wenn er ein Buch über das Owi-Prinzip verfaßte. Endlich mal ‘ne Idee, wie man das Parkinsonsche Gesetz widerlegen konnte, demzufolge sich ja die Kissenpuper aller Sparten unaufhaltsam vermehrten. Beim letzten Fortbildungslehrgang hatte er’s vor der abschließenden Klausur auswendig gelernt: 1. Jeder Beamte oder Angestellte wünscht die Zahl seiner Untergebenen, nicht aber die Zahl seiner Rivalen, zu vergrößern, und 2. Beamte oder Angestellte schaffen sich gegenseitig Arbeit. Hm… Wenn jeder Bürohengst, wie Owi das vorhatte, vier seiner Kollegen erledigte, dann schrumpften die Schreibtischarbeiter in Deutschland im Nu auf eine Größe zusammen, von der die Organisationsfachleute nicht mal zu träumen wagten. Andererseits… Er wäre gerade für ihn etwas kurzsichtig gewesen, das Owi-Prinzip zu propagieren – schließlich war er selber Beamter im gehobenen Dienst… Wie gehoben, merkte er, als Dr. Weber ihn anrief.

«Sagen Sie bloß, Sie haben den Mann immer noch nicht, der Brockmüller an die Leitplanke geleitet hat?»

«Nein, aber… Wir… Also, es läuft.»

«Wo?»

«Na, alles…»

«Wie – alles?»

«Die Fahndung!» Mann, o Mann! «Olscha hatte sich noch die Nummer gemerkt, auf der Avus… Der Wagen gehört einem Dr. Wendt, Facharzt für Innereien und so. War aber geklaut.»

«Innereien und so…?»

Mannhardt war nahe daran, eine patzige Antwort zu geben; der Torfkopp konnte auch nur über seine eigenen Witze lachen. «Für Inneres… Stand in der Kantstraße, die Karre. Keine Fingerabdrücke. Jetzt gehen wir alle EUROMAG-Stellen durch, in denen Ossianowski mal gearbeitet hat – vielleicht ergibt sich da eine Verbindung. Koch überprüft noch die Kunden, die… Also, mit denen es Ossianowski zu tun gehabt hat, als er in der Vertriebsabteilung war. Da waren sicher bei den Lagerarbeitern Kriminelle bei und so…» Und so – verdammt!

«Geradezu genial, was ihr da macht… An Ihrer Killer-Theorie könnte schon was dran sein. Klingt zwar ziemlich irrwitzig, aber… Auf alle Fälle müssen wir so tun, als ob was dran sei – der Optik wegen. Ja, dieser Owi! Wie sagte doch schon Kennedy: O schimpfliche Gewalt, die wir erleiden!»

«John F. Kennedy…?»

«Nee, Hanna Kennedy, Amme der Königin von Schottland. Maria Stuart, 1. Aufzug, 1. Auftritt. Mein Sohn nimmt’s gerade in der Schule durch.»

Es entstand eine Pause. Dann sagte Mannhardt verwirrt: «Wir halten Sie auch auf dem laufenden, Herr Doktor.»

«Das ist lieb von euch, wirklich!»

Klick.

«Blödes Schwein!» knurrte Mannhardt. Der kam sich mit seinen zehn Semestern Jura vor wie ‘ne Kreuzung von Einstein und Napoleon. Scheiße! Mannhardt fegte die Akten vom Schreibtisch. Einmal keinen Vorgesetzten haben – einmal nur!

Er zog die Schublade auf, um bei Fontane Trost zu finden, da schellte das Telefon.

Noch mal Weber? Bloß nicht… «Mannhardt; ja?»

«Ich hätte gerne mal Herrn Kriminal Obermeister Koch gesprochen…»

Ein Sachse auch noch, oder einer aus Thüringen… «Der ist zur Zeit leider außer Haus.» Blöder Ausdruck!

«Was ißt er denn?»

«Wie…?» Ein Irrer.



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