Lippels Traum (German Edition) by Maar Paul

Lippels Traum (German Edition) by Maar Paul

Author:Maar, Paul [Maar, Paul]
Language: deu
Format: epub
Publisher: Oetinger Verlag
Published: 2011-04-30T22:00:00+00:00


Lippel erstarrte, als er die Stimme hörte, und wagte kaum zu atmen. Asslam beugte sich zu Muck und hielt ihm die Schnauze zu, damit er nicht bellte.

Dann waren die Reiter endlich vorbeigeritten.

»Das sind unsere Wächter!«, flüsterte Lippel.

Asslam nickte.

»Sie haben ihre Pferde wieder eingefangen und sind zurückgekommen«, sagte Lippel flüsternd. »Das ist schlimm!«

»Dass sie zurück sind, ist nicht das Schlimmste«, flüsterte Hamide. »Hast du die beiden reiterlosen Pferde gesehen? Das ist schlimmer!«

»Warum?«, fragte Lippel.

»Es waren unsere Pferde. Hast du sie nicht erkannt? Sie haben unsere Pferde gefunden. Nun wissen sie, dass wir am Leben sind. Und nicht nur das: Sie ahnen, dass wir hier in der Stadt sind!«

»Wie kommst du darauf?«

»Weil sie unsre Pferde bei den Felsen vor der Stadt gefunden haben! Wenn wir in ein fremdes Land geflohen wären, hätten unsre Pferde nicht vor der Stadt stehen können. Das wissen sie genau.«

»Meinst du, sie suchen uns jetzt?«

»Bestimmt nicht mehr heute Abend. Dazu ist es zu dunkel. Aber morgen am Tag müssen wir sehr vorsichtig sein.

Kommt jetzt mit zum Basar, zum Markt! Zum Glück haben sie uns nicht gesehen.«

Asslam ging mit Muck voraus, Hamide folgte. Gerade als Lippel auch aus dem dunklen Torbogen treten wollte, hörte er, wie sich hinter ihm eine Tür öffnete.

»Asslam!«, rief er.

Aber Asslam ging weiter, ohne sich umzudrehen.

Ein Lichtschein fiel durch den Türspalt, im schmalen Lichtstreifen tauchte ein Kopf auf, ein Frauenkopf.

Lippel wollte wegrennen, aber er konnte seine Beine nicht mehr bewegen.

»Asslam!«, rief er noch einmal.

Die Tür wurde ganz geöffnet, es war mit einem Mal hell um ihn herum.

»Philipp, träumst du?«, fragte eine Frauenstimme von der Tür her.

Lippel blinzelte, das Licht blendete ihn.

Frau Jakob schaute zur Tür herein.

»Ich wollte dich nicht wecken. Entschuldige! Ich wollte nur nachschauen, ob du wirklich schlafen gegangen bist«, flüsterte sie. »Lass dich gar nicht aufwecken, schlaf nur weiter!«

Sie schloss leise die Tür und ließ Lippel allein. »Gemeinheit!«, murmelte Lippel schlaftrunken, räkelte sich und schlief und träumte schnell weiter.

Der Markt war hell beleuchtet.

Vor den Läden steckten brennende Fackeln in eisernen Halterungen, die Handwerker hatten Öllampen über der Tür aufgehängt und in offenen Öfen verfeuerten Leute getrockneten Kamelmist, um Teewasser zum Kochen zu bringen.

Hamide stellte sich mutig mitten auf den Marktplatz.

Asslam stand neben ihr, einen alten, ausgebeulten Topf als Trommel in der Hand. Vor ihm saß Muck und schaute gespannt zu Asslam auf.

Jetzt schlug Asslam die Trommel, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Die Leute kamen neugierig näher.

Hamide holte tief Luft und rief, so laut sie konnte: »Werte Männer, hochwerte Frauen! Weise Wesire und kundige Kaufleute! Treffliche Handwerker! Hochverehrte Einwohner dieser Stadt! Kommt alle her!

Kommt hierher, lasst eure Arbeit ruhn, lasst euren Tee ungetrunken! Schließt eure Läden ab und kommt! Verlasst eure Häuser! Denn hier wird ein einmaliges Schauspiel geboten, wie man es nicht alle Abende sieht. Muck, der Hund, wird unvergleichliche Kunststücke vorführen, mein Bruder und ich werden ihn dabei musikalisch begleiten.

Der junge Mann mit dem Turban dort drüben wird sich anschließend erlauben, euch um eine kleine Gabe zu bitten. Auch große Geldstücke werden gerne angenommen, von Goldstücken ganz zu schweigen!«

Lippel fühlte, wie er rot wurde, und schaute verlegen zu Boden.



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