Bradbury, Ray - Halloween by Halloween

Bradbury, Ray - Halloween by Halloween

Author:Halloween [Halloween]
Language: deu
Format: epub
Published: 2012-02-13T11:23:36+00:00


13

S

amhain hob seine Sense und sah sich, zufrieden mit seinem Spiel, um. Er lächelte ein kleines Lächeln, spuckte feurige Spucke in seine schwieligen Hände, packte die Sense fester, schwang sie in die Luft und erstarrte …

Denn irgendwo erklang ein Lied. Irgendwo nahe der Spitze eines Hügels flackerte inmitten eines kleinen Hains ein großes Feuer.

Menschen waren hier versammelt. Sie bewegten sich schattengleich, hoben die Arme und sangen feierlich.

Samhains Sense war wie ein großes Lächeln in seinen Armen. Er lauschte.

O Samhain, Gott der Toten, höre uns!

Wir, die heiligen Druiden in diesem Eichenhain, bitten für die Seelen der Toten.

Weit entfernt hoben diese seltsamen Männer im Schein des Feuers metallene Messer, hoben Katzen und Ziegen zum Himmel und sangen:

Wir beten für die Seelen derer, die in Tiere verwandelt wurden.

O Gott der Toten, wir opfern dir diese Tiere, auf daß die Seelen unserer Lieben, die dieses Jahr gestorben sind, geschont werden.

Die Messer blitzten.

Samhains Lächeln wurde breiter. Die Tiere schrien. Überall, auf der Erde, im Gras, auf den Felsen,

wimmelten die gefangenen Seelen, eingesperrt in die Körper von Spinnen, Kakerlaken, Flöhen, Pillenkäfern und Tausendfüßlern – sie starrten, zuckten, wälzten sich und beteten stumme Gebete.

Tom verzog schmerzlich das Gesicht. Er glaubte, rings um sich her, wo Tausendfüßler krochen und Spinnen tanzten, eine Million kleiner, ach, mikroskopisch kleiner Schreie des Schmerzes und des Flehens um Erlösung zu hören.

»Laß sie frei! Laß sie gehen!« beteten die Druiden auf dem Hügel.

Das Feuer loderte.

Ein Seewind brauste über die Wiesen, pfiff über die Felsen, wirbelte die Spinnen, Pillenkäfer und Kakerlaken durcheinander. Die winzigen Insekten, die Miniaturhunde und -kühe wurden hinweggeblasen, als wären sie Millionen Schneeflocken. Die in den Körpern gefangenen Seelen flogen davon.

Mit einem gewaltigen Höhlenflüstern fuhren sie zum Himmel auf.

»In den Himmel!« riefen die Druiden. »Laß sie gehen! Fliegt!«

Sie flogen. Sie verschwanden mit einem tiefen Seufzer der Dankbarkeit.

Samhain, der Totengott, zuckte mit den Schultern und ließ sie gehen. Doch dann, ganz plötzlich, erstarrte er.

Und die Jungen und Mr. Downground, die sich zwischen den Felsen versteckten, erstarrten ebenfalls.

Durch ein Tal und über den Hügel schlängelte sich im Schnellschritt eine römische Armee. Ihr Feldherr führte sie an. Er rief:

»Römische Soldaten, vernichtet die heidnischen Götter! Vernichtet die heidnische Religion! Seutonius will es so!«

»Für Seutonius!«

Oben am Himmel hob Samhain seine Sense, doch zu spät.

Die Soldaten schlugen Schwerter und Äxte in die Stämme der heiligen Eichen.

Samhain schrie vor Schmerz, als hätten die Äxte seine Knie getroffen. Die heiligen Bäume ächzten, rauschten und fielen nach einem letzten Schlag donnernd um.

Hoch in der Luft erzitterte Samhain.

Die fliehenden Druiden hielten inne und erzitterten.

Die Bäume fielen.

Die Priester fielen, getroffen an Knöcheln und Knien. Sie fielen wie Eichen in einem Orkan.

»Nein!« schrie Samhain von oben.

»Aber ja!« riefen die Römer. »Jetzt!«

Die Soldaten versetzten ihm einen letzten gewaltigen Schlag.

Und an den Knöcheln verletzt, seiner Wurzeln beraubt, begann Samhain, der Totengott, zu fallen.

Die Jungen starrten hinauf und sprangen aus dem Weg. Es war, als fiele ein riesiger Wald. Samhains Sturz warf einen mitternachtsschwarzen Schatten über sie. Das Donnern seines Todes eilte ihm voraus. Er war der größte Baum, den es je gegeben hatte, die mächtigste Eiche, die je stürzte und starb.



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